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Unklarheit bei Rabatten nach §130b SGB V, Vorsicht ist geboten ab dem 15.07.2012

Berlin, 15. Juli 2012

Ab 15.07.2012 tritt erstmals der Fall ein, dass ein Herstellerrabatt nach § 130b SGB V gewährt wird. Dieser soll über alle Handelsstufen bis zur GKV bzw. zum Privatpatienten durchgereicht werden. Nachdem es jedoch seitens der Vertragspartner und der zuständigen Verbände sträflich versäumt wurde, rechtzeitig die Abwicklungsfragen zu klären, werden die Apotheker und Apothekerinnen nun aller Voraussicht nach mit der Situation konfrontiert, dass ihre EDV nichts von den Rabatten weiß und sie manuell nachrechnen müssen, um empfindliche Geldverluste zu vermeiden.

Wie bereits verschiedentlich berichtet, wird der Hersteller AstraZeneca mit Wirkung vom 15.07.2012 für das Arzneimittel Brilique zum ersten Mal einen Rabatt nach § 130b SGB V gewähren, der für neue Wirkstoffe mit positiver Nutzenbewertung des GBA vorgesehen ist. Dabei kann es zu Lagerwertverlusten kommen, wenn vor dem 15.07.2012 gekaufte Ware nach diesem Datum an Patienten abgegeben wird.

Noch mehr Ungemach droht aber nun von einer ganz anderen Seite, denn es muss mittlerweile davon ausgegangen werden, dass die Daten des rabattierten Artikels von der Apotheken-EDV nicht korrekt verarbeitet werden. Der Grund ist schnell erklärt: es existieren bislang so gut wie keine Vorgaben zur korrekten Verarbeitung solcher Rabatte.

Wie es in § 130b SGB V im Absatz 1 heißt, wird der Erstattungsbetrag als Rabatt auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers gewährt und dann über die
Handelsstufen, also Großhandel, und Apotheke an die Krankenkasse weitergeleitet. Konkret bedeutet das, der pharmazeutische Unternehmer gewährt dem Großhandel diesen Rabatt, der Großhandel den Apotheken und die Apotheken gewähren den Rabatt schließlich den Krankenkassen bzw. den Privatpatienten.

Wie ADAS-Vorsitzender Dr. Mathias Schindl berichtet, haben die Softwarehäuser bereits vor einiger Zeit eine ergänzte Datensatzbeschreibung erhalten und kennen seitdem ein Datenfeld, in welchem dieser Erstattungsbetrag (der auf allen Handelsstufen in gleicher Höhe bleibt) eingetragen werden kann. Jedoch gab es darüber hinaus keinerlei Hinweise, wie mit dem Inhalt dieses Feldes zu verfahren ist. Nachdem nun aber weder Einkaufspreis noch Verkaufspreis im Artikelstamm angepasst werden, muss der Erstattungsbetrag jeweils von den Handelspartnern aktiv subtrahiert werden. Allerdings ist beispielsweise unklar, ob auf das Rezept der Betrag inklusive oder abzüglich des Erstattungsbetrags gedruckt werden muss. Offen ist unter anderem auch die wichtige Frage, ob der Rabattbetrag jeweils inklusive oder exklusive Mehrwertsteuer zu verstehen ist, bzw. wie überhaupt mit der Mehrwertsteuer zu verfahren ist. Viele weitere Verfahrensfragen schließen sich an.

Nachdem bislang noch keinerlei Details dazu bekannt sind und auch die ABDATA nicht auskunftsfähig ist, wird es definitiv unmöglich sein, bis zum 15.07.2012 alle Gesetzesvorgaben in den Programmen umzusetzen und z.B. eine Berücksichtigung für die Rohertragsermittlung, die Berechnung der zu erwartenden Zahlungen der Rechenzentren und natürlich den Rezeptdruck (falls notwendig) in allen Varianten auf allen möglichen Rezeptdruckern und –formularen entsprechend anzupassen.

Die Apotheker müssen sich also laut Schindl darauf einstellen, wieder einmal den Aufwand für einen Vertrag zu übernehmen, dessen Nutznießer andere sind. Hinzu kommt in diesem Fall aber zusätzlich noch ein finanzielles Risiko weil die Dachverbände es unverständlicherweise versäumt haben, rechtzeitig die Vorgaben für die korrekte Abbildung in der Apothekensoftware zu definieren. In jedem Fall ist nun bei Bezug und Abgabe von Brilique äußerste Wachsamkeit geboten, beispielsweise um sicherzustellen, dass der Großhandel auch tatsächlich den vereinbarten Rabatt gewährt. Denn wie es aus PHAGRO-Kreisen verlautet, ist man auch dort noch nicht auf den neuen Ablauf eingestellt.